Signet Gartengestaltung, Hausgärten, Gartenanlagen und Pflanzplanung Signet Christina Dorsch

Alle Vögel sind schon – nicht mehr – da

Schon seit geraumer Zeit zeichnet sich in der Gartengestaltung ab, dass sich die Pflanzenverwendung von formalen Ansätzen abwendet und einem neuen Ansatz naturnaher Pflanzenkombinationen zuwendet* – und das ist sehr zu begrüßen. Es darf bunter, vielfältiger und wilder werden.

Je urbaner wir leben, je dichter es in den Städten wird, umso wichtiger ist es, unser direktes Lebensumfeld mit qualitativ hochwertigen, vielfältigen und ökologisch wertvollen Grünflächen zu versehen.

Private Gärten sind Rückzugsraum für Pflanzen und Tiere

Private Gärten sollen nicht nur Lebensraum für Pflanzen, sondern auch für Tiere bieten. Das scheint eine banale Aussage, aber die Mehrheit der Ratgeber für Gärten und das Gärtnern beschränkt sich darauf, entweder die Gestaltung, oder das optimale Gedeihen der Pflanzen in den Vordergrund zu stellen. Da nehme ich mich persönlich nicht aus. Es ist aber – wieder – an der Zeit, die Gärten als gut gestaltete, gemeinsame Lebensräume für Menschen, Tiere und Pflanzen zu verstehen.

ein ganzes Vogelleben

Wundert man sich darüber, dass man im eigenen Garten im letzten Winter keine Stieglitze, keine Kernbeißer und noch nicht mal ein Rotkehlchen gesehen hat, obwohl man dachte, dass die Vielfalt an Stauden im eigenen Garten recht groß ist, dann könnte es auch daran liegen, dass die Pflanzen, im eigenen Garten keine Samen ausbilden, die von den Vögeln gerne gefressen werden, oder daran, dass man die Stauden schon im Herbst oder Winter zurückgeschnitten hat. Wenn man sich Gedanken darüber macht, wie man das Nahrungsangebot für Vögel, Bienen, Hummeln und andere Insekten durch eine vielfältige Bepflanzung verbessert, ist es ganz wichtig, dass die Pflanzenteile, die als Nahrung dienen sollen, auch zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen und sich nicht schon auf dem Kompost befinden. Zudem benötigen Vögel, auf jeden Fall die, die ganzjährig bleiben, nicht nur Nahrung im Winter sondern das ganze Jahr über. Und auch damit ist es nicht getan. Ungestörte Rückzugsräume, sichere Nistmöglichkeiten bieten Baum und Strauchgruppen nur, wenn sie nicht jedes Jahr drastisch zurückgeschnitten werden. Mit anderen Worten, es genügt nicht, im Winter Meisenknödel aufzuhängen. Will man Vögel im Garten haben, muss das ganze Vogelleben ermöglicht werden.

Nahrung für Bienen und Hummeln das ganze Jahr

Ach ja, und übrigens wollen die Bienen und Hummeln auch das ganze Gartenjahr ernährt sein. Was nützt es, wenn das Nahrungsangebot zu bestimmten Zeiten reich ist, dann abreißt und die Brut daher verhungert? Es ist schon entscheidend, dass es keine großen Trachtlücken gibt, wenn man wirklich etwas dafür unternehmen will, die bestäubenden Insekten zu schützen. Das Nahrungsangebot muss so früh wie möglich beginnen, mit den frühen Blumenzwiebeln zum Beispiel, Schneeglöckchen, Winterling und Krokus bieten den frühen Hummeln Nahrung. Die frühen Stauden und Obstgehölze lösen sie als Nahrungsquelle ab. Die vielen Sommer- und Herbststauden, die uns zur Verfügung stehen bieten die Möglichkeit nutzbare Nahrungsquellen bis zum Frost bereitzustellen. Die Online Kataloge der Staudengärtner weisen heute schon vielfach darauf hin, welche Arten gute Bienen- und Insektenweiden sind. Man kann ruhig auch ein bisschen mutig sein und mehr Wildpflanzen in seinem Garten zulassen, Wilde Karde, Rainfarn, Natternkopf, Odermenning, Wegwarte, Wilde Möhre, Nachtkerze, Königskerze, Thymian, Oregano und noch viele andere heimische Wildpflanzen können den Hausgarten bereichern. Und so schließt sich der Kreis, macht man sich Gedanken zum Schutz der Tiere im Garten beinhaltet dies auch den Artenschutz der Wildpflanzen.

richtige Gartenpflege

Noch etwas hält so manche Gärtner, davon ab, auch die Fauna – von Igel, Eidechse und Blindschleiche war noch gar nicht die Rede – im Garten zu hegen. Tiere fressen an Pflanzenteilen und lassen diese unvorteilhaft aussehen, aber, dass Pflanzen gesund und makellos aussehen, ist der größte Wunsch des Gärtners und angefressene Blätter einer geliebten Pflanze wird häufig als schmerzhafter Angriff aufgefasst und daher bedeutet Pflanzenschutz landläufig auch das Bekämpfen von fressenden und saugenden Insekten. Einen wirklichen Beitrag zum Natur- und Artenschutz kann man in seinem Garten aber nur leisten, wenn man ein gewisses Maß an Fraßspuren an seinen Pflanzen toleriert und auch ökologische Pflanzenschutzmittel nur bei starkem Befall einsetzt. Dass man keine chemischen Gifte und Unkrautvernichtungsmittel im Hausgarten einsetzt, sollte selbstverständlich sein.

ein Garten für Pflanzen, Tiere und Menschen

Möchte man in seinem Garten mehr Hummeln, Bienen, Schmetterlinge haben, dann kann man natürlich damit beginnen, verschiedene Insektenhotels zu verteilen, aber noch besser wäre es, wenn insgesamt die Gärten weniger sorgfältig geputzt würden, wenn hier und da Laub liegen bleibt, wenn manch alter Staudenstängel ganz lange stehen bleiben darf, bis die Brut der Wildbiene geschlüpft ist, die in diesem Stängel überwintert hat, wenn auch den Brennnesseln eine kleine Ecke im Garten zugestanden wird, und irgendwo findet sich auch immer Platz für ein paar alte Äste, die vor Ort verrotten dürfen. Wenn der Garten nach dem Winter ein wenig zottelig aussieht, ist das genau richtig. Es sollen im Garten nicht die gleichen Maßstäbe für Ordnung Anwendung finden wie im Inneren des Hauses. Gärtnern heißt eingreifen und regulieren, denn ein Garten ist ein Garten und nicht unberührte Natur, und ein Garten bleibt nicht von selbst ein ansprechender Ort. Aber in welchem Maße wir eingreifen und zu welchem Zeitpunkt, hat eine entscheidende Auswirkung auf die lebendige Vielfalt. Manchmal ist weniger im Garten arbeiten genau richtig. Weniger schneiden, weniger hacken, weniger ausreißen und mehr zulassen, mehr beobachten, und immer lange und genau schauen, bevor man eingreift. Weniger Arbeit, dafür mehr Kontemplation. Damit ist allen gedient.

Und kann so ein neuer, naturnaher Garten auch schön sein und sogar modern? Aber ja, das kann er, sehr sogar.

 

Entwurf: Christina Dorsch

Realisierung: Thomas Borghoff