Signet Gartengestaltung, Hausgärten, Gartenanlagen und Pflanzplanung Signet Christina Dorsch

11. Dezember 2020 – Kiesbeete

Dem inzwischen aversiv besetzten Begriff ‚Schottergarten‘ wird im Moment recht viel Aufmerksamkeit zuteil. Dazu ein paar Bemerkungen aus meinen Garten-planerischen Erfahrungen und Ansichten.

So sehr ich mir in den letzten Jahren eine Gegenbewegung, zu der rasant zunehmenden Tendenz, ganze Vorgärten zu roden und sie anschließend komplett mit einer Schicht aus einer oder mehreren Sorten Splitt, Schotter oder Kies auf einer Lage Vlies oder Folie zu belegen, wo es eventuell noch Aussparungen für wenige Formgehölze oder ein paar Gräser gibt, gewünscht habe, so sehr bereitet es mir jetzt Sorge, dass die Verwendung von Kies, Schotter und Splitt im Garten generell und pauschal verurteilt wird. Wie bei allen Themen, die gesellschaftlich jeweils gerade aktuell diskutiert werden, wäre eine differenzierte und ruhige Betrachtungsweise, basierend auf Fakten, hilfreich.

Ich habe seit ich mich mit der Gestaltung von Gärten befasse schon immer gerne Splitt und Kies verwendet und habe auch vor, dies weiterhin zu tun. (Schotter hingegen, und das ist eine Frage der Größe der einzelnen Steine, ab einer gewissen Größe ist ein kantiges Steinchen kein Splitt mehr, sondern Schotter, kommt sinnvollerweise hauptsächlich konstruktionell z.B. im stabilen Unterbau von Wegen zum Einsatz.) Es gibt räumliche Situationen, wo es sowohl gestalterisch, als auch funktional sinnvoll und angemessen ist, mehr noch, wo es eine richtig gute Lösung ist, statt Pflaster Kies oder Splitt als obersten Belag zu wählen.

In meinen Augen sind dies die entscheidenden Fragen: was ersetzt der Splitt oder Kies? Was ist die Funktion einer Splittfläche? Ersetzt Kies oder Splitt einen versiegelnden Belag, wie Pflaster oder Asphalt, zum Beispiel in einer Einfahrt, oder ersetzt er Vegetation? Im ersten Fall kann dies sinnvoll sein und die Versickerung verbessern, also Versiegelung verringern, im zweiten Fall führt dies häufig zu den momentan vielgehassten ‚Steinvorgärten‘, die weder ökologisch noch gestalterisch akzeptabel sind. Auch die Behauptung, dass diese Flächen pflegeleicht sind, halte ich für nicht richtig.

Wie mittlerweile allgemein bekannt ist, sind diese Flächen in vielen Aspekten ungünstig. Da ist zum einen der kleinklimatische Aspekt. Die Flächen mit keiner, oder sehr geringer Vegetation heizen sich deutlich stärker auf als Flächen, die Vegetation tragen. Sie leisten keinen, oder nur einen verschwindend geringen Beitrag als Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Die Flächen, die zusätzlich mit einem Unkrautvlies oder einer Folie versehen sind, stören alle Bodenfunktionen, mindern oder verhindern die Versickerung von Niederschlägen und tragen Kunststoffpartikel ins Erdreich ein. Ästhetisch sind sie auch keine Highlights.

Aber all dies hat so gut wie nichts mit einem Kiesbeet zu tun, wie sie unter anderen von der inzwischen verstorbenen Engländerin Beth Chatto in ihrer Gärtnerei angelegt wurden (Beth Chatto, Der Kiesgarten, Gärtnern auf trockenem Standort, erschienen 2000). Kies und Schotterfluren sind natürlich vorkommende Pflanzenstandorte. Sie können gärtnerisch interpretiert und abgebildet werden und in wundervollen und vielfältigen Pflanzenbildern und Gartenräumen umgesetzt werden. Spannend daran finde ich auch, dass Wege- und Vegetationsflächen fließend und informell miteinander verbunden werden können. Ich habe Kiesbeete so vor Augen: Pflanzflächen auf trockenem Standort mit leicht variierenden Wegebereichen und einer vielfältigen Pflanzenbedeckung von mindestens 70% der Fläche, die einer Vielzahl von Insekten Schutz und Nahrung bietet, in der man hier im Weinbauklima auch Eidechsen und Blindschleichen antrifft, wo Stieglitze die Samen der Disteln fressen und Schmetterlinge auf dem wilden Dost und der Schafgarbe sitzen.

Die Schafgarbe wurde vom Bund deutscher Staudengärtnereien zur Staude des Jahres 2021 gewählt. In der aktuellen Dezemberausgabe der ‚Gartenpraxis‘ hat Folko Kullmann in einem Beitrag das momentane Sortiment der Schafgarben vorgestellt. Nun gilt es neue und altbewährte Arten und Sorten zu verwenden und zu testen, zum Beispiel auf Kiesbeeten. Ich bin der Ansicht, dass sich viele Schottervorgärten mit guten Bepflanzungskonzepten unaufwändig aufwerten ließen.

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Entwurf: Christina Dorsch

Realisierung: Thomas Borghoff