22. November 2022 – Die Landschaften unserer Kindheit
Bewusst oder unbewusst tragen wir alle die Bilder und Stimmungen der Landschaften in uns, die uns in unserer Kindheit umgeben haben. Gleichgültig, ob wir darin glücklich waren, oder auch nicht. Gleichgültig auch, ob wir uns dafür interessiert haben, oder nicht.
Gilt das für alle Menschen?
Das kann ich natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Manchmal treffe ich jemanden, der den Eindruck vermittelt, dass die Umgebung gar nicht ins Bewusstsein dringt, keine Rolle spielt. Wie sehr bestimmt uns, was wir sehen, wo wir uns befinden? Welchen Einfluss hat der Ort, an dem wir uns befinden, darauf wie wir die Welt wahrnehmen, wie wir uns fühlen? Bestimmen Orte, Landschaften die Art und Weise, wie wir denken, wie wir Entscheidungen treffen? Würden wir andere Entscheidungen treffen, wenn wir uns an einem anderen Ort befänden?
Orte und Befinden
Für mich gilt ganz eindeutig: ja, wo ich mich befinde, hat einen großen Einfluss darauf, wie es mir geht, wie ich mich fühle. ich bin zu keinem Zeitpunkt davon ganz unabhängig und da kann es gar nicht anders sein, als dass das mein Denken, meine Entscheidungen beeinflusst.
Erinnerte Bilder
Ich denke, wir haben in uns landschaftliche Archetypen abgespeichert, abstrahiert aus den, bewusst oder unbewusst, erinnerten Bildern der Landschaften, in denen wir uns als Kinder aufgehalten haben. Diese sind mit Gefühlszuständen verknüpft und tief verankert. So entsteht ein Gefühl dafür in uns, wo wir herkommen und somit sind die Landschaften, die uns prägen identitätsstiftend. Alle Landschaften, die uns danach begegnen werden automatisch mit diesem ersten Satz an landschaftlichen Eindrücken verglichen und sind uns dementsprechend vertraut oder fremd, bestimmen unser Wohlbefinden, oder Unwohlsein, überwältigen und beeindrucken uns, oder sagen uns nicht viel.
Landschafts-Urtypen
Landschaftliche Archetypen oder Urbilder sind zum Beispiel Waldlandschaften, Waldränder, offene Ebenen, Berge und Täler, Küsten und Gewässer, Hügellandschaften usw., es kommt dann aber auch auf die besondere Ausprägung von zum Beispiel Wald an. Wald kann sehr unterschiedlich aussehen.
Verlorene Landschaftsbilder
Ich werde es nicht müde Landschaften zu betrachten, auch vertraute Landschaftsbilder verlieren für mich nicht ihren Reiz, weil ich sie schon oft gesehen habe, vielleicht sogar das Gegenteil davon. Aber Landschaftsbilder gehen verloren durch menschliche Überformung und so sind die ersten Landschaftselemente, die ich als Kind kannte nicht mehr vorhanden. Felder und Hügel längst überbaut.
Schützen und erhalten
Wenn wir den vielfältigen Herausforderungen gerecht werden wollen, und das müssen wir wohl, um dem Klimawandel und den drohenden Umweltkrisen entgegenzutreten, gehört es mit dazu, die Landschaften in ihren Zusammenhängen, als wichtige, einzigartige und schützenswerte Orte, als unsere eigenen Lebensräume, zu begreifen, in ihren vielfältigen und typischen Ausprägungen. Eine bestimmte Landschaft kann nicht einfach entfernt und dann gleichwertig durch den gleichen Landschaftstyp ersetzt werden. Schon gar nicht, wenn man in menschlichen Zeiträumen denkt.
Im Wandel
Es ist keine Frage, dass Landschaften nicht statisch sind und im ständigen Wandel begriffen. Aus zerstörten Landschaften können neue Landschaften entstehen. Die entscheidende Frage ist, wieviel Zeit haben wir? In welcher Welt wollen wir in unserer Lebenszeit leben?