Signet Gartengestaltung, Hausgärten, Gartenanlagen und Pflanzplanung Signet Christina Dorsch

Die klassische Moderne – und was sie für die Gartengestaltung heute bedeutet

Unser heutiges Verständnis vom Haus- bzw. Wohngarten für jedermann, der als privater Rückzugsraum der Erholung dient, geht in wesentlichen Punkten auf die klassische Moderne zurück.

Ein neues Verständnis der Architektur

Die klassische Moderne gründet in einem neuen Verständnis der Architektur, das sich zu Beginn des letzten Jahrhunderts entwickelt hat. Man denkt zugleich an die Namen der berühmten Architekten LeCorbusier, Mies van der Rohe, Walter Gropius und andere mehr. Das Bauhaus, die Weißenhofsiedlung – das ist die manifestierte Moderne in Deutschland. Der Gedanke mit moderner schlichter Gestaltung, neuen technischen Verfahren, industriell massenhaft vorgefertigten Elementen, der großen Mehrheit der Bevölkerung eine lebenswerte, gestalterisch hochwertige und trotzdem erschwingliche Wohnsituation zu bieten, liegt dieser Bewegung zugrunde.

Diese von der Architektur ausgehende Bewegung hat auch alle anderen Künste betroffen und beeinflusst, die bildende Kunst, Design von Wohn- und Gebrauchsgegenständen und sie hat auch Auswirkungen auf die Gartengestaltung gehabt – eben alle Dinge die unser tägliches Leben umgeben.

Der eigene Garten zur Erholung

Traditionell waren die hausnahen, privaten Gärten für die meisten Leute eine Möglichkeit sich mit Gemüse und Obst selbst zu versorgen, für die Reichen ein Ort zum Lustwandeln und repräsentieren. Der moderne Mensch würde eher passiv gärtnern, so nahm es LeCorbusier in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts vorweg, er würde seinen gut gestalteten grünen Freiraum betrachten und genießen, ansonsten wäre er zu beschäftigt mit seinem Job und sportlichen Freizeitaktivitäten, um zu gärtnern1. Mit dem neuen Ansatz der Moderne war der Gedanke geboren, dass der eigene Garten der Erholung dienen soll, und zwar allen Bevölkerungsschichten. Dieses Verständnis vom privaten Garten hat sich heute weitgehend durchgesetzt. Dies erachte ich als einen wesentlichen Einfluss der klassischen Moderne auf die heutige Gartengestaltung.

Die Verbindung von Innen und Außen

Ein weiterer Punkt ist der Ansatz des Bauhauses, dass Innen- und Außenraum eine innige Verbindung eingehen sollen. Auch wenn dies damals nicht immer konsequent und deutlich zur Umsetzung kam, ist dies ein wichtiger Punkt, von dem wir heute noch in Bezug auf die Hausgartenplanung profitieren können. Idealerweise soll ein Garten sich als gleichwertig gut gestalteter Raum mit der Architektur des Hauses verbinden. Und wenn die ideale Verbindung von Haus und Gartengestaltung gelingt, dann ist es etwas Großartiges, und das eine steigert die Wirkung und den Wert des anderen.

Die Herausforderung bei der Umsetzung des Ideals

Damit diese ideale Verbindung gelingt, muss man sich auch darüber im Klaren sein, dass im Garten zum Teil andere Vorraussetzungen berücksichtigt werden müssen. Anders als ein Haus, ist ein Garten noch nicht fertig, wenn die Bauphase abgeschlossen ist, denn um seine volle Wirkung zu entfalten, muss er wachsen und reifen. Ein Endstadium ‚fertig’ wird er auch nie erreichen, da er sich in beständigem Wandel befindet.

Um schlichte und reduzierte moderne Gärten zu schaffen, bedarf es über die technischen Kenntnisse und das Wissen um die baulichen Materialien hinaus, eines tiefgreifenden Verständnisses für die Pflanzen und ihre Verwendungsmöglichkeiten. Man muss in seiner Vorstellung vorwegnehmen können, zu welcher Form sich ein Baum mit der Zeit entwickeln wird und welche Stimmung und räumliche Wirkung er damit erzeugen wird. Dies geht auch über das reine botanische Wissen hinaus und ist ein wesentlicher Teil der künstlerischen und kreativen Arbeit in der Gartengestaltung.

Besonders bei einem modernen, schlichten Gestaltungsansatz, wo oft wenige Pflanzen zum Einsatz kommen, muss deren Wirkung wohl bedacht sein. Schließlich ist es die ureigene Aufgabe der Gartengestaltung und der Gartenkunst, mit den Pflanzen zu arbeiten und sie zur Erlangung der angestrebten Raumwirkung richtig einzusetzen. Auch im Zusammenhang mit schlichter moderner Architektur hat die Gartengestaltung mehr zu bieten als bloße Rasenflächen und formelhafte Baum- und Strauchpflanzungen.

Dennoch – gerade heute, wo die Gefahr sehr groß geworden ist, sich sinnentleert aus dem riesigen Spektrum an Pflanzen, Materialien, Formen und Möblierungen zu bedienen, lohnt es sich von den klaren Raumkonzepten der klassischen Moderne zu lernen und gestalterisch im Garten zu bearbeiten, um zu mehr Schlichtheit und Ausgewogenheit in den Gärten zu kommen. Zu mehr wohltuender Ruhe und weniger lärmend schriller Fülle.

1 Jane Brown, der moderne Garten, S.20

Buchempfehlungen

Derek Fell, Die Gärten des Frank Lloyd Wright

Jane Brown, Der moderne Garten

Dorothea Fischer-Leonhardt, Die Gärten des Bauhauses: Gestaltungskonzepte der Moderne

Mehr Bilder

Entwurf: Christina Dorsch

Realisierung: Thomas Borghoff